Technische Daten der MiG-19

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Typ: Einsitziger Abfangjäger
Treibwerk: 2 Stahltriebwerke Tumanskij RD-9BF je 32,3 kN Nahcbrennerschub
Leistung: 1450 km/h in 10000 m Höhe. Diensgipfelhöhe 17900 m. Maximale Reichweite 2200 km.
Bewaffnung: 3 x 30mm Kanonen
sowie 500 kg unterschiedlicher Waffen an Trägern unter den Tragflächen (Flugkörper oder Bomben)

Zusammen mit der F-100 Super Sabre führte die MiG-19 "Farmer" in den früheren fünfziger Jahren die Entwicklung des überschallschnellen Düsenjägers an. Während dieses Muster in der UdSSR bald von der MiG-21 verdrängt wurde, entstand in China eine ganze Familie von Nachbauten dieses Kampfflugzeugs. Die Shenjang J-6 und ihre Nachfolgerin Q-5 sind Jagdbomber, die 40 Jahre nach dem Erstflug ihrer MiG-Vorfahrin noch produziert wurden.

Die Jagdflugzeugkonstrukteure in der Sowjetunion machten in der zweiten Hälfte der vierziger Jahre ganz außergewöhnliche technische Fortschritte. Ende 1948 flog Lawotschkins La-176 im Sinkflug schneller als der Schall, nachdem I. E. Fedorow Anfang Dezember Mach 1,02 registriert und O. V. Sokolowskij am 26 Dezember einen Überschallknall erzeugt hatte. Das Konkurrenz-OKB Mikojan Gurewitsch OKB konnte solche Erfolge nicht vorweisen, ach wenn die MiG-15 und die verfeinerte MiG-17 sämtliche Rüstungsaufträge errangen. Als der Kreml im Herbst 1949 auf Stalins persönnliche Weisung hin das Lastenheft eines echten Überschalljägers für die VVS (Luftstreitkräfte) herausgab, wähnte sich das Lawotschkin - Büro in einer unschlagbaren Position. Erneut trug aber die MiG-Abteilung den Sieg davon, diesmal mit einem der besten Luftkampfjäger, der je gebaut wurden.

Die MiG-19 zeigt wie schwierig es ist, ein Kampfflugzeug richtig zu beurteilen. Die Sowjetunion produzierte nur wenige "Farmer", und da neuere Typen bald Mach 2 flogen, hielt man die MiG-19 rasch für überholt. Es war den Chinesen vorbehalten, die Qualitäten dieses Musters in vollem Umfang zu erkennen, und Jahrzehnte nach dem Erstflug der MiG-19 wurden chinesische Kopien an etliche Luftstreitkräfte verkauft. Selbst heute können nicht alle Typen es ohne weiters mit dem inzwischen primitiven Jäger aufnehmen, denn sein Kurvenradius und seine Feuerkraft sind gewaltig.

Als sich der MiG-Projektstab im November 1949 ans Werk machte, konnte er nicht mehr auf Abkömmlinge des Nene-Triebwerks mit Radialverdichtung zurückgreifen, die sich bei den bisherigen MiG-Strahljägern so bewahrt hatte. Der Überschallflug verlangte nicht nur neue Tragflügel, sondern auch Triebwerke, die viel mehr Schub pro Stirnfläche erzeugten. A. M. Ljulka hielt ein wichtiges neues Axialtriebwerk bereit, das ideal für die modernen Überschalljäger schien. In einer der viele Konferenzen am runden Tisch in Moskau wurde das MiG-OKB jedoch angewiesen, ein Triebwerkspaar des schlanken AM-5 zu verwenden, das das OKB des A. A. Mikulin, "Zar" der sowjetischen Triebwerksbauer und eine einflußreiche politische Figur, entwickelt hatte. Man nahm dies mit gemischten Gefühlen auf. Mikojan selbst war einerseits der Meinung, ein mächtiges Nachbrennertriebwerk müsse ausreichen, doch andererseits hatten Mikulin-Kolbenmotoren fast alle MiG-Jäger im Krieg angetrieben.

Viel schwieriger gestaltete sch der Entwurf in bezug auf die Aerodynamik und die Struktur des Flugwerks. Acht verschiedene Flügelformen wurden untersucht, und das Spionagenetz der Sowjetunion hielt die Konstrukteure auf dem laufenden über North Americans so genannte Sabre - 45, die die F-100 ergab, den einzigen andren Überschalljäger dieser Zeit. Da die NA-Konstrukteure befürchteten, die Tragflächen könnten sich verwinden und die Querrunder umschlagen, legten sie sich schließlich auf innere Querruder fest. Damit blieb kein Platz mehr für Landesklappen, so dass die F-100 bis auf Nasenklappen ohne Hochauftriebshilfe erschien. Das mit Abstand bemerkenswerteste am MiG-Entwurf bestand darin, dass den Konstrukteuren die Anpassung dünner, scharf zurückgepfeilter Tragflügel beachtlicher Streckung mit Querrudern am äußeren Abschnitt gelang. Zumindest außerhalb der Sowjetunion hat man nie von Torsionsproblemen gehört, und sicher sind die Querruder niemals umgeschlagen. Das MiG-19 Tragwerk ist und bleibt eine Glanzleistung. Den einzigen in etwa ähnlichen Flügel erhielt die BAC (English Electric) Lighting, doch ein Vergleich der beiden Querrudergeometrien zeigt, dass sie aeroelastisch recht unterschiedlich sind.

Die weitgespannten Querruder am Außenflügel wurden von Kraftsteuerzylindern bewegt und im Laufe der Entwicklung durch kleine Spoiler an der Flügelunterseite vor den Querrudern ergänzt. Am innern Teil der Hinterkante waren äußerst effiziente, vom ZAGI entwickelte Landeklappen eingearbeitet, die im Grunde dem Fowler - Typ glichen, aber keine hervorstehenden Führungsschienen erforderten. Die Klappen und das Fahrwerk wurden hydraulisch betätigt, im Notfall per Druckluft. Der Rumpf hatte einen einfachen Triebwerkslufteinlauf, dessen Teiler den Schlund in rechte und linke Kanäle gabelte. Diese weiteten sich hinter den Tragflügeln nach außen, so dass eine breite, ovale Sektion entstand, in die zwei Triebwerke nebeneinander passten. Windkanaltests hatten gezeigt, dass diese Tragflügel zwei große Grenzschichtzäune über die volle Tiefe brauchten, und ergaben, dass das Höhenleitwerk von der bisherigen hohen Position mittig an den Hinterrumpf rückte.

Ungewöhnlicher weise hatte das MiG Büro keinerlei direkte Rivalen. Das Lawotschkin - OKB war mit den Allwetter - Abfangjägern La-200 und La-250 beschäftigt, Jakowlew mit seinen Hochgeschwindigkeitsflugzeugen gescheitert und ebenfalls auf allwettertaugliche Abfangjäger ausgerichtet und Suchoi bei Stalin in Ungnade gefallen (er durfte erst nach Stalins Tod im Jahr 1953 arbeiten). Die Flugerprobung verlief zufrieden stellend, und nach der Einrüstung von AM-5F mit Nachbrenner wurde Anfang 1954 Mach 1 im Horizontalflug überschritten. Diese Triebwerke erzeugten 22 kN Schub ohne und 29,8 kN Schub bei voll zugeschalteten Nachbrennern.

Die Form der Schreibfedernase um und zwischen den Schubdüsen verlangte ein Höchstmass an Sorgfalt. 1954 flogen mindestens 18 Vorserienjäger, die verbesserten Bremsklappen am Hinterrumpf, eine revidierte Treibstoffanlage mit 2170 Litern, die ausschließlich im Rumpf untergebracht waren, eine starre Nasenkante ohne Sägezahn (verschiedene Wölbprofile und Knickstellen wurden am Modell geprüft) und einen g-Fühler in die durchweg kraftverstärkte Flugsteuerungsanlage einführten, der sowohl auf die Dichte der Atmosphäre als auch auf die Geschwindigkeit ansprach. Es wurden Bordwaffen installiert, einen sowjetischen Bericht zufolge in den ersten Prototyp, zunächst eine 37-mm Kanone NS-37 und zwei neuere 23-mm Kanonen NR-23. Zu Recht bedachte man, dass die kleinen Axialverdichter der Triebwerke empfindlicher auf eine gestörte Luftströmung reagieren würden als der Radialkompressor der MiG-17, und bauten die beiden kleineren Maschinenkanonen daher in die Flächenansätze ein.

Die ersten Flugzeuge des Typ MiG-19 wurden 1954 zur Umschulung und Einweisung von Jagdpiloten ausgeliefert, hatten unter andrem eine modifizierte Schiebehaube, einen vom Kabinendach bis zur Seitenflosse gezogenen Rückenwulst und Tragflügel mit auf 4° 30' erhöhter negativer V-Stellung. Zudem waren sie zur Beladung mit 800 - Liter Abwurftanks als Alternative zur Raketenbehältern, 227 kg Bomben und andren Abwurfswaffen verrohrt.

Zunächst wurden PVO - Regimente (Landesverteidigung) mit der MiG-19 ausgerüstet, doch später erhielten auch Frontfliegereinheiten den neuen Typ. Die MiG-19 kam bei der Truppe sehr gut an, zumal sie keine Tücken hatte. Bei hoher Machzahl ließ die Qualität der Kontrolle um die Querachse allerdings zu wünschen übrig. Die F-86E hatte bereits Höhenpendelruder eingeführt, bei denen die gesamten Höhenflossen als primäre Steuerfläche wirkten. Das MiG - OKB bemühte sich etwa ein Jahr lang um eine Verbesserung des Flugsteuerungssystems. Dies ergab schließlich, wie bei der F-100, aus einem Stück bestehende Höhenruderflossen, die per Kraftverstärker ausgelenkt wurden. Diese Änderung zog über 1000 Testflüge mit vielen Maschinen und die neue Bezeichnung MiG-19S ("Stabilisator") nach sich. Den insgesamt als Ruder wirkenden Höhenflossen fügte man Antiflattergewichte am Randbogen hinzu, und Getriebe im Antriebsstrang sorgten für eine unter allen Bedingungen optimale Längssteuerung. Zur gleichen Zeit änderte sich die Bezeichnung des Triebwerks, weil man Mikulin auf die schwarze Liste setzte und seinen talentierten Stellvertreter, S. K . Tumanskij, als Nachvolger bestimmt hatte. Dieses RD-9B war eine verfeinerte Version des AM-5F mit höherer Zuverlässigkeit.

Die MiG-19S mit RD-9B erfüllte zwar alle Wünsche der VVS, aber sie wurde dennoch in bescheidenen Umfang produziert, vermutlich nur in einer Serie von 1000 Exemplaren. In relativ geringer Anzahl entstand auch die MiG-19SF, deren nachgebesserte Triebwerke mächtigere und effizientere Nachbrenner hatten. Bis dahin waren 1620-Liter Abwurftanks zugelassen, und man hatte die untere Luftbremsanlage überarbeitet. Die große, nunmehr durchbrochene Bremsklappe unter dem Bauch ergänzte das Originalklappenpaar am Rumpf hinter den Flügeln. Eine weitere wichtige Modifikation, die früh in der Produktionsphase erfolgte, betraf die Bewaffnung. Alle drei Kanonen wurden auf die NR-30 standardisiert. Im Vergleich zu den vier 30-mm Kanonen der Hawker Hunter erscheint dies nicht sonderlich eindrucksvoll, aber im Unterschied zur ADEN und zur französischen DEFA verfeuerte die NR-30 Munition mit nahezu der doppelten Treibladung, so dass ein viel schweres Geschoß die Mündung mit einer viel höheren Geschwindigkeit verließ. Die neue Bordkanone konnte mit verschiedenen Mündungsstücken versehen werden, die den Rückstoß dämpften und die Mündungsflamme von der Zelle ablenkten. Dennoch musste die Rumpfhaut in diem Bereich wie bei der Suchoi Su-7 aus rostfreiem Stahl bestehen. Mit panzerbrechenden Munition erwies sich die NR-30 als eine wirksame Waffe gegen Panzer du kleine Kampfschiffe. 1957 umfasste die Produktion auch die MiG-19P ("Perechwatschik"=Abfangjäger) mit reduzierter Bewaffnung aus zwei NR-23 in den Flächenansätzen und einem Radargerät im verlängertem Bug. Letzteres entsprach dem "Izumrud" ("Scan Odd" bei der NATO) in der früheren MiG-17P, aber das Radom der Suchantenne war zugespitzt und ragte nicht über den Rand des Triebwerksschlunds hinaus, während man die Antenne des Entfernungsmessgeräts wie bisher in die Oberlippe eingearbeitet hatte. Die MiG-19PF war mit zwei NR-30 bewaffnet und in Details verändert. Die MiG-19PM hingegen führte vier Radargelenkte Luft-Luft-Flugkörper an Startschienen unter den Tragflächen mit. Diese bei der NATO AA-1 "Alkali" genannten Lenkraketen, die später auch die Suchoi Su-9 erhielt, waren auf die Phase des I-Band-Radargeräts abgestimmt, das im Suchbetrieb mit 900 Hz und bei der Verfolgung und nach der Aufschaltung mit 1800 Hz arbeitete. Die einzigen anderen Modelle, die in der Sowjetunion in kleinen Serien produziert wurden, waren Aufklärungsflugzeuge MiG-19R mit einem Senkrecht-/Geneigtkamerasatz im Bug anstelle der Rumpfkanone sowie Schulflugzeuge MiG-19UTI mit formschönerem Kabinendach. Man darf bezweifeln, dass die Produktion aller Versionen die Marke 2500 überschritten hat.

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